Die bleibende Erwählung Israels nach Römer 9-11

(Der folgende Text stammt aus Hirschberg, Die bleibende Provokation, Neukirchen- Vluyn 2008, S. 23-29.)

Die bleibende Erwählung Israels nach Römer 9-11

Ausgangspunkt ist für Paulus die schmerzliche Wahrnehmung des jüdischen Un-glaubens. Paulus leidet schon fast physisch darunter, dass sich die Mehrheit Israels dem Christusglauben verweigert (9,1-3). Er wäre sogar bereit – so drastisch formuliert er es –, verflucht und von Christus getrennt zu sein, wenn dadurch das jüdische Volk für Christus gewonnen werden könnte. Er leidet unter der unüberbrückbar scheinenden Kluft von Anspruch und Wirklichkeit, denn schließlich sind die Israeliten diejenigen, „denen die Kindschaft gehört und die Herrlichkeit und der Bund und das Gesetz und der Gottesdienst und die Verheißungen“ (Röm 9,4), und die sich doch weigern, sich für das Evangelium zu öffnen. Wie kann es nur sein, dass dieses Volk, in dem sich das Heil der ganzen Welt realisieren soll, Christus ablehnt?

Paulus bearbeitet diese ihn bedrängende Frage zuerst einmal in einem streng theologischen Sinn. Er fragt, ob Gottes Wort hinfällig geworden ist, ob Gott sozusagen wortbrüchig geworden ist, da sich die an Israel gerichteten Verheißungen nicht zu erfüllen scheinen. Im ersten Teil seiner Antwort, die er in 9,6-29 gibt, weist er dann darauf hin, dass sich Gottes Verheißungen noch nie an allen erfüllt haben, sondern Gott schon immer die einen erwählt und die anderen verworfen hat. In einem alttestamentlichen Exkurs demonstriert er dieses erwählende und verstockende Handeln Gottes an einzelnen Beispielen. Indem Paulus so argumentiert, riskiert er zwar, dass man Gottes Gerechtigkeit in Zweifel zieht, nimmt andererseits aber einen erheblichen Teil der Verantwortung von Israel weg und verlagert sie auf Gott. Es ist nach seiner Argumentation nämlich gerade nicht so, dass Israel ungehorsam ist und daraufhin von Gott verstockt wird, es ist umgekehrt: Weil Israel von Gott verstockt wird, kann es nicht glauben.
Nachdem er so den Unglauben bzw. Glauben Israels gleichsam aus göttlicher Per-spektive ins Visier genommen und ihn als Resultat göttlicher Verstockung bzw. Er-wählung gedeutet hat, wechselt er in 10,1-21 die Blickrichtung und betrachtet das gleiche Phänomen aus einer menschlich-anthropologischen Perspektive. Dabei attestiert Paulus seinen jüdischen Volksgenossen, dass sie Eifer für Gott haben, aber nach seiner Überzeugung „ohne Einsicht“. Hätten sie die nötige (göttliche) Einsicht, dann würden sie begreifen, was er in 10,1-13 ausführlich entfaltet, dass nämlich die Gerechtigkeit, die dem Menschen das Heil bringt, aus dem Glauben kommt und nicht aus dem Gesetz. Doch das begreifen sie nicht, obwohl ihnen das Evangelium gepredigt wurde und obwohl der Glaube doch eigentlich aus der Predigt erwachsen soll (10,14-18). So entfaltet Paulus das, was er zuvor als theologische These aufgestellt hat, nun gleichsam empirisch. Es zeigt sich auch von dieser Seite her, dass man das paradoxe Unverständnis Israels, das es nach allen Regeln der Kunst eigentlich gar nicht geben dürfte, nur „verstehen“ kann, wenn man von einer göttlichen Verstockung ausgeht.

Ist man Paulus bis dahin gefolgt, dann drängt sich einem die Frage auf, ob das alles bedeutet, dass Gott sein Volk nun endgültig verworfen habe. Hat er Israel verstockt und dafür die Heiden(-christen) erwählt? Es ist die klassische Enterbungstheorie, die hier, zumindest als Möglichkeit, das erste Mal explizit im Neuen Testament in Erwägung gezogen wird. „So frage ich nun: Hat denn Gott sein Volk verstoßen?“ (11,1) Die Antwort des Paulus ist klar und unmissverständlich: „Das sei ferne!“ (11,1) Begründung: Es gibt schließlich ihn selbst, zusammen mit all den anderen christusgläubigen Juden (11,1b-10). Diese hat Gott übrig gelassen, so wie er zur Zeit Elias 7000 übrig gelassen hat, die ihre Knie nicht vor Baal gebeugt haben. Auch wenn die Judenchristen nicht die Majorität bilden, ist ihre Existenz genug Beweis dafür, dass Gott sein Volk nicht in Bausch und Bogen verstoßen haben kann. So weit, so gut! Oder eben auch nicht! Denn die unheimliche und bedrängende Frage, warum Gott überhaupt verwirft, und ob die Verworfenen endgültig verworfen sind, ist damit noch nicht beantwortet. Sie lässt auch Paulus nicht so schnell los, und fast erweckt er den Anschein, dass seine theologisch stringenten Ausführungen über Erwählung bzw. Verstockung auch ihn selbst nicht ganz befriedigen. Jedenfalls kann derselbe Paulus, der ein wenig vorher die so menschliche Frage nach Gottes Gerechtigkeit theologisch distanziert abgewiesen hat (9,19-23), sich nun selbst nicht damit bescheiden, es einfach bei einer Verstockung ohne Wenn und Aber bewenden zu lassen. Er bemüht sich in aller Leidenschaftlichkeit, dahinter einen Sinn zu erkennen. Er fasst die Sinn-losigkeit geradezu in Worte, wenn er fragt: „Sind sie nun etwa gestrauchelt, damit sie fallen?“ (11,11a) Wieder folgt darauf ein entschiedenes „Das sei ferne!“, und darauf die erste Antwort auf die so nachdrücklich gestellte Sinnfrage: Ihr Fall war deshalb nicht sinnlos, weil so das Heil zu den Heiden kam, und dadurch wiederum sollen die Israeliten eifersüchtig gemacht werden, damit sich zumindest einige doch noch dem Evangelium zuwenden (11,11b.14). Freilich klingt hier bereits eine Hoffnung an, die über die Rettung einiger weit hinausgeht, und wenn das einmal der Fall sein wird, dann wird das nicht weniger bedeuten als Leben aus dem Tod (11,15). Man könnte auch sagen: die endgültige Erlösung der Welt. Paulus hat also die Zuversicht, dass das verstockte Israel sich Gott wieder zuwenden wird, die Verstockung also nur ein temporärer Vorgang ist.

Doch wie begründet Paulus diese Hoffnung? Der Vers, der darauf eine Antwort zu geben scheint, ist nicht ganz einfach zu interpretieren. Paulus sagt: „Ist die Erstlingsgabe vom Teig heilig, so ist auch der ganze Teig heilig; und wenn die Wurzel heilig ist, so sind auch die Zweige heilig.“ (11,16) Osten-Sacken kommentiert diesen Satz folgendermaßen: „Hier, in 11,16, begründet er mit Hilfe der beiden Metaphern, warum das bisher lediglich vorausgesetzte Hinzukommen Israels gewiß ist. So wie Christus als ‚Hebe (Erstling) der Entschlafenen’ die Gewähr der Auferstehung aller anderen ist (1. Kor. 15,20f) und der Geist als ‚Hebe (Erstling)’ die Gewähr für die Erlösung des ganzen Menschen (Röm. 8,23), so sind die Judenchristen das Unterpfand der Heiligkeit auch der übrigen bzw., wie es wenig später heißt, der Rettung ganz Israels (11,26).“ Nach dieser Deutung würde Paulus auf den Anfang des Kapitels zurückgreifen und mit den Judenchristen seine Hoffnung begründen. Nun gibt es allerdings gute Argumente dafür, in der Wurzel einen Hinweis auf die bereits bei den Vätern geschehene Urerwählung Israels zu sehen. Nicht nur traditionsgeschichtliche Hinweise sprechen dafür, sondern auch die Tatsache, dass Paulus im Folgenden (11, 28f) dann tatsächlich auf die den Vätern gegebenen Verheißungen zurückgreift, um damit die Rettung ganz Israels zu begründen. Nach dieser Lesart würde also bereits hier auf die trotz des Ungehorsams Israels bleibende Verheißungstreue Gottes angespielt. Ich meine nun freilich, dass beide Interpretationen durchaus komplementär verstanden werden können, und man vielleicht gerade so dem Kontext des Verses am ehesten gerecht wird, da er tatsächlich auf den vorangehenden und den folgenden Textabschnitt (Ölbaumgleichnis) bezogen werden kann. Paulus würde also zuerst einmal die Judenchristen als Unterpfand der Rettung ganz Israels verstehen, von dort aus – über den Begriff „Wurzel“ – aber ganz organisch zu dem Gedanken der in den Väterverheißungen begründeten Treue Gottes überleiten, der im Ölbaumgleichnis implizit anklingt, auch wenn er erst später argumentativ entfaltet wird. Theologisch besitzen beide Argumentationen das gleiche Gefälle. Denn gerade weil die mit den Väterverheißungen grundsätzlich gegebene Verheißungstreue Gottes auf die Rettung ganz Israels zielt, können in diesem Deutungsgefälle die Judenchristen als Angeld der momentan nur partiell realisierten Verheißung begriffen werden.

Bevor Paulus seine Argumentation zum Ziel bringt, schiebt er noch einen Exkurs ein, wo er das Verhältnis der Christusgläubigen zum ungläubigen Israel thematisiert. Ohne jetzt auf die Einzelheiten und die Interpretationsprobleme des Ölbaumgleichnisses (11,17-24) genauer einzugehen, sei nur so viel gesagt. Paulus malt uns das Bild eines edlen Ölbaums vor Augen, von dem wider alle botanische Kunst die edlen Zweige ausgerissen und wilde eingepfropft wurden. Die wilden Zweige sind dabei die Heiden, die edlen Zweige geborene, aber nicht an Christus gläubige Juden. Paulus bringt damit zum Ausdruck, dass sie, die Heiden, nun zum Gottesvolk dazugehören können, dass sie Anteil an der Kraft der Wurzel bekommen. Die nicht an Christus gläubigen Juden dagegen wurden ausgebrochen. Dieses Bild soll die Heidenchristen einerseits vor Überheblichkeit warnen (11,18: „nicht du trägst die Wurzel, sondern die Wurzel trägt dich“). Andererseits sollen sie an sich Gottes Güte und an den gefallenen Juden Gottes Strenge wahrnehmen (11,22). Schließlich, und damit knüpft Paulus wieder an die zuvor geäußerte Hoffnung an, sollen sich die Heiden immer vor Augen halten, dass Gott die edlen Zweige wieder einpfropfen kann, ja dass dies sogar weitaus nahe liegender ist als das, was Gott soeben getan hat, nämlich wieder allen botanischen Sachverstand unedle Zweige mit einem edlen Ölbaum zu vereinen (11,23f). Wie das Folgende zeigt, ist das tatsächlich auch die Pointe, auf die das Gleichnis zielt.

Als vorläufiges Fazit kann man festhalten: Paulus sieht in dem göttlichen Versto-ckungshandeln einen geschichtstheologisch-begrenzten Sinn und hofft darauf, dass das verstockte Israel schließlich doch noch gerettet werden wird. (11,23). Freilich, noch fehlt der paulinischen Argumentation die letzte theologische Zuspitzung. Hof-fen – und gute Argumente für diese Hoffnung anführen – ist eben nicht dasselbe, wie sich einer Sache gewiss zu sein. Genau aus diesem Grund ist der letzte Abschnitt seines Argumentationsganges so entscheidend: Jetzt legt Paulus dar, warum für ihn das Hoffen nicht nur ein Hoffen ist, sondern eine Gewissheit.
So setzt er noch einmal neu an und lässt nun endlich die Katze aus dem Sack. Er spricht von einem Geheimnis, das Gott ihm offenbart hat, und dieses Mysterium be-steht darin, dass die Verstockung erstens nur einen Teil von Israel betrifft (wenn auch den größten), und sie zweitens temporär ist. Dass heißt, sie währt so lange, bis die Fülle der Heiden zum Heil gelangt ist. Erst dann wird ganz Israel gerettet werden, und zwar nicht durch christliche Missionsanstrengungen, sondern durch den aus Zion kommenden Erlöser, der alle Gottlosigkeit von Jakob abwenden wird (11,25-27). Es ist also nicht nur ein bloßes Hoffen, es ist eine von Gott geschenkte Gewissheit, dass ganz Israel gerettet werden wird. Doch was heißt „ganz Israel“? Das Israel aller Zeiten, auch das gegenwärtig verstockte? Oder nur das Israel, das dann eben gerade zufällig vorhanden ist, wenn der Erlöser aus Zion kommt? Paulus gibt darauf keine abschließende Antwort. Am ehesten dürfte er das „ganz Israel“ in Analogie zur Fülle der Heiden gedacht haben. So wie die Fülle der Heiden zum Glauben kommen muss, die von Gott dazu bestimmte Vollzahl, so wird dann die von Gott bestimmte Vollzahl der Juden zum Glauben kommen. Es geht dabei nicht um alle Juden in einem streng quantitativen Sinn, genauso wenig wie es um alle Heiden in einem streng quantitativen Sinn geht. Paulus stellt sich hier nicht an die Stelle Gottes, um letztgültige Urteile zu fällen. Eines wird man aber aufgrund seiner bisherigen Argumentation sagen können: Diese Vollzahl kann durchaus auch die vorher Verstockten umfassen. Die Verstockung ist kein Ausschlussfaktor vom Heil, denn das ist gerade das Ziel der Argumentation: die Verstockung als etwas zu verstehen, das geschichtstheologisch einen bestimmten Sinn hat, und deshalb sinnlos geworden ist, wenn das Ziel erreicht ist. Man sollte sich also von dem durch christliche Theologiegeschichte inspirierten Gedanken verabschieden, dass Verstockung, jedenfalls so wie Paulus sie hier versteht, immer gleich etwas mit ewigem Heil oder Unheil zu tun haben muss.

Nun bleibt nur noch eines zu tun: die theologischen Fäden seiner Argumentation neu aufzunehmen und zur Vollendung zu führen. Das geschieht so, dass Paulus ein leidenschaftliches Plädoyer für Gottes Verheißungstreue ablegt. Gottes Gaben an Israel und die ursprüngliche Berufung Israels können Gott nicht gereuen, auch wenn das aktuelle Israel sich Gott verweigert. „Im Blick auf das Evangelium sind sie zwar Feinde um euretwillen; aber im Blick auf die Erwählung sind sie Geliebte um der Väter willen.“ (11,28) Diese dialektische Erkenntnis ist letztlich die Frucht seines Christusglaubens. Die Botschaft von der Rechtfertigung des Gottlosen allein aus Gnaden, die Paulus im Römerbrief so stark betont, wird zum Ansatz seiner Israeltheologie. Er, der an sich selbst erfahren hat, dass Christus seine Widerstände und seinen Ungehorsam überwunden hat, um gerade ihn, den Christenverfolger, zu einem Apostel des Evangeliums zu machen, der also die Gnade Christi, die er im Römerbrief so offen und lautstark verkündigt, an sich selbst erfahren hat, erkennt im Durchdenken dieser Erfahrung, dass Christus letztlich auch mit dem Unglauben des jüdischen Volkes fertig werden wird. Dabei ist die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, und die Paulus in Christus in ihrer ganzen Tiefe entdeckt, nichts Israel Fremdes. „Die ganze Geschichte des Gottesvolkes Israel, dem Gott durch alle Schwierigkeiten hindurch die Treue gehalten hat, ist ein Zeugnis für Gottes Gerechtigkeit. Das Alte Testament spricht von Gottes Gerechtigkeitserweisen gegenüber seinem Volk, die Gott immer wieder erbracht hat und meint damit sein Heilswirken in Israel, seine Bundestreue gegenüber einem häufig untreuen Volk.“ Im Fahrwasser dieser Gedanken gelangt Paulus schließlich zu Sätzen, die nicht mehr weit von einer Allversöhnungstheologie entfernt sind: „Denn wie ihr zuvor Gott ungehorsam gewesen seid, nun aber Barmherzigkeit erlangt habt wegen ihres Ungehorsams, so sind auch jene jetzt ungehorsam geworden wegen der Barmherzigkeit, die euch widerfahren ist, damit auch sie jetzt Barmherzigkeit erlangen. Denn Gott hat alle eingeschlossen in den Ungehorsam, damit er sich aller erbarme.“ (Röm 11,30-32) Wundert es da, dass Paulus seinen Israelexkurs mit einem leidenschaftlichen Lobpreis Gottes beenden kann?

Dr. Peter Hirschberg

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